Karotten und Rote Beete sind neue Wirtspflanzen der Schilf-Glasflügelzikade Dies bedeutet, dass die Zikaden sich in diesen Kulturen vermehren können und beim Saugen an den Pflanzen gefährliche Pflanzenkrankheiten zum Schaden der Landwirte und der Wirtschaft übertragen. Die jetzt festgestellte Erweiterung des Wirtspflanzenspektrums auf Karotten und Rote Beete bedeutet eine große Gefahr für die Versorgung mit Nahrungsmitteln aus heimischen Anbau.
Auf Initiative von Dr. Christian Lang, Geschäftsführer des Verbandes der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer e.V., konnten die von Kartoffeln- und Zuckerrüben-Pflanzen bereits bekannten Erreger in Karotten nachgewiesen werden. Sie verursachen schwere Erkrankungen bei Rüben und Kartoffeln – und nun auch bei Karotten und Roter Beete.
„Die Krankheit an Karotten bezeichnen wir in Analogie zur Kartoffel als Bakterielle Karottenwelke“, erklären die Experten in Worms. Bei Kartoffeln führt die Krankheit mitunter zu großen Anteilen nicht mehr vermarktbarer Kartoffeln durch steigende Zuckergehalte, Deformationen und Verminderung der Knollengröße. Die Erntemenge wird ebenfalls durch die Erreger deutlich vermindert.
Gleichzeitig sind auf mehreren Feldern in Süddeutschland die Larven der Schilf-Glasflügelzikade auch an Roter Beete beobachtet und die Erkrankungen mit den Bakterien nachgewiesen worden.
Bei Roter Beete gibt es bereits einen deutlichen Mangel an gesunder Ware für die verarbeitende Industrie, da sich Geschmack und Lagerfähigkeit nachteilig durch die Krankheit verändern.
Befallene Rote-Beete-Knollen erkranken schwächebedingt an weiteren Pilzkrankheiten, die zum Verderb der Ware führen können. Sowohl erkrankte Knollen als auch Zikaden werden noch weiter untersucht, erklärt Dr. Christian Lang.
Diese Beobachtungen kombiniert mit den neuen Untersuchungen aus Worms werfen neue Fragen auf. Fast 80 Prozent der in Deutschland verzehrten Karotten kommen aus heimischer Produktion.
Viele kleine Erzeuger und Verarbeiter von regionalem Gemüse sind nun durch die Schilf-Glasflügelzikade gefährdet, schildert Dr. Christian Lang. Es sei dringend erforderlich, diese Kulturen und Schäden zu erfassen und Optionen zur Bekämpfung zu entwickeln, die die ganze Fruchtfolge einschließen.
Rheinland-Pfalz sei nicht nur drittgrößter Produzent von Karotten in Deutschland und bilde die Front für den Kampf gegen Zikaden. Die Konsequenzen für Europa seien bisher kaum überschaubar, da sowohl Zuckerrüben als auch Kartoffeln, Rote Beete und Karotten oftmals in den gleichen Betrieben in der Fruchtfolge wachsen und oft nur durch Winterweizen unterbrochen werden – der der Zikade jedoch ebenfalls als Nahrungspflanze über den Winter dient.
Weitere Anpassungsschritte der Zikaden in andere Ackerbaukulturen werden von der Forschungsgruppe in Worms erwartet. Darum möchte das Forschungsteam Ursachen und Folgen für die gesamte Landwirtschaft und Fruchtfolgen im Ackerbau besser abschätze können.
Vor diesem Hintergrund wurde vom Verband der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer e.V. und der Union der Deutschen Kartoffelwirtschaft eV (UNIKA) die Stelle einer „Koordinatorin für Forschungsnetzwerke und Wissenstransfer (ZikaNet)“ gemeinsam geschaffen und zum 1. Juli mit Helen Pfitzner besetzt.
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