„An der mentalen Belastungsgrenze“

Maximilian Tratter, Schülersprecher der Stadt Worms, hat mit dem NK über das verkürzte Abitur in Rheinland-Pfalz gesprochen.
Von Vera Beiersdörfer › Seit 5. Januar legen rund 15.000 Schüler der rheinland-pfälzischen Gymnasien mit G9-Klassen sowie der Integrierten Gesamtschulen die schriftlichen Abiturprüfungen ab. Noch bis zum 25. Januar laufen die schriftlichen Arbeiten, die mündlichen Prüfungen sind für März angesetzt – etwa vier Monate früher als in anderen Bundesländern. Das vorgezogene Abitur wurde 2001mit der Absicht eingeführt, Schülern, die studieren möchten, den Start bereits zum Sommersemester zu ermöglichen.
Jedoch bereiten derzeit diese frühen Abschlussprüfungen vielen Abiturienten großen Kummer. Im Gespräch mit dem NK berichtet Maximilian Tratter, Schülersprecher der Stadt, dass sich zahlreiche Schüler der drei Wormser Gymnasien sowie der IGS Nelly Sachs überfordert fühlen. „Durch die Pandemie und den damit verbundenen Zeiten des Homeschoolings sind bei zahlreichen Schülern Lernlücken entstanden. Viele Lerninhalte mussten eigenständig erarbeitet werden, das Lernpensum ist stetig gestiegen. Aus diesem Corona-Stress heraus, sind die Abiturienten nun in den Prüfungsstress gerutscht und stoßen an ihre mentale Belastungsgrenze“, so der Schülersprecher. Ob die Möglichkeit für einen direkten Studiumsbeginn im Sommer von der Mehrheit der Prüflinge genutzt werde, sei fraglich. „Nach der extrem stressigen Abiturphase, wünschen sich viele zunächst eine Verschnaufpause“.
Schreiben an Bildungsministerin Hubig
Auch in einem am Montag veröffentlichten Schreiben der Landesschüler*innenvertretung (LSV) und des Philologenverbands an Staatsministerin Dr. Stefanie Hubig wird das verkürzte Abitur stark kritisiert. Durch die Folgen der Pandemie, keine Winterferien und das generell verkürzte Abi sehen die Verfasser die Gesundheit der Prüflinge gefährdet: „Die Abiturienten haben sich im November/Dezember durch die Grippewelle zu den wichtigen Vorklausuren geschleppt und sind nun, pünktlich zum schriftlichen Abitur, mit den Kräften völlig am Ende – ebenso wie diejenigen, die sie prüfen müssen. Mit einer Schule, in der physische und psychische Gesundheit eine Rolle spielt, hat das aus unserer Sicht nichts mehr zu tun“.
Sie appelieren daher an Bildungsministerin Hubig, Einfluss auf die Landesregierung zu nehmen, um diese „unhaltbaren Zustände“ zu ändern und wieder auf die bewährte Form eines echten G9 zu setzen.
Auch die Mitglieder der Schülervertretung Worms sind sich einig: „Leider wird es für diesen Jahrgang keine andere Lösung mehr geben, jedoch sollte sich die Situation nicht wiederholen!“. In Gesprächen mit Schülern und auch Lehrkräften wollen sie Ideen sammeln, wie sich der Stress für künftige Abitur-Jahrgänge minimieren ließe.