Freie Bahn für mehr Solarenergie auf Kulturdenkmälern

Witterungsbeständige All Black-Indach-Module auf dem Schieferdach der Lutherkirche in Meißen. Foto: Stefan Bunke
Für das Anbringen von Solaranlagen auf Gebäuden, die unter Denkmalschutz stehen, wird in Rheinland-Pfalz künftig im Regelfall eine Genehmigung erteilt werden. Dafür sorgt das Innenministerium mit einer neuen Richtlinie zur Genehmigung von Solaranlagen an oder auf Kulturdenkmälern. Die Verwaltungsvorschrift wurde am Dienstag, dem 14. März, verkündet und tritt am darauffolgenden Tag in Kraft.
„Mit einem konsequenten Ausbau Erneuerbarer Energien wollen wir dem Klimawandel effektiv begegnen. Im Bereich des Denkmalschutzes nehmen wir dafür einen Paradigmenwechsel vor: Die Genehmigung zur Anbringung von Solaranlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden wird fortan zum Regelfall. Nur noch in Ausnahmefällen, beispielsweise wenn es durch die Solarpanelen zu einer erheblichen Beeinträchtigung von Substanz und Erscheinungsbild des Kulturdenkmals kommt, können die Unteren Denkmalschutzbehörden künftig gegen die Genehmigung entscheiden. Mit dieser Neuregelung geben wir dem Ausbau der Erneuerbaren einen weiteren kraftvollen Schub“, sagte Innenminister Michael Ebling.
Nach der neuen Richtlinie kommt dem Klima- und Ressourcenschutz bei der Abwägung konkurrierender Interessen eine verstärkte Bedeutung zu. Als Beitrag zur erfolgreichen Durchführung der Energiewende ist eine Genehmigung für Solaranlagen dabei im Regelfall zu erteilen. Dabei sind je nach Einzelfall auch Einschränkungen im Erscheinungsbild eines Denkmals hinzunehmen. Eine abweichende Entscheidung der Unteren Denkmalschutzbehörde kommt unter anderem bei hoher baukünstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung eines Kulturdenkmals, bei ortsbildprägenden Kulturdenkmälern mit herausragender Lage oder bei erheblichen Eingriffen in die denkmalwerte Bausubstanz in Betracht.
„Auf einem überwiegenden Teil der Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz werden nun Solaranlagen möglich sein“, so Ebling.
Position der Deutschen Stiftung Denkmalschutz
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD), in Worms beteiligt sie sich fördernd an der Dach- und Fassadensanierung des ehemaligen Schlachthofs, erläutert hierzu auf Anfrage des Nibelungen Kuriers zunächst Grundsätzliches: „Bei allem denkmalpflegerischen Handeln ist ein wichtiger Aspekt immer der Substanzerhalt. Die Denkmalpflege möchte so viel an originaler Substanz eines Baudenkmals für die nächsten Generationen erhalten, wie möglich“, so Thomas Mertz. Nicht zuletzt deswegen, weil man heute noch gar nicht wissen kann, welche Fragen kommende Generationen an die Geschichte oder auch an Baumaterialien und Handwerkstechniken stellen werden. In der Debatte um nachhaltiges Bauen konnten historische Bauten und die Denkmalpflege wichtige Beiträge leisten, an die vor 20 Jahren noch niemand gedacht hätte.
Daraus ergibt sich nach Angaben des stellvertretenden DSD-Pressesprechers hinsichtlich der Entscheidung für oder gegen Solaranlagen, aber auch für oder gegen in Ziegel integrierte Solarzellen (neben der Optik) ein weiterer gewichtiger Aspekt: „Der Einsatz von integrierten Solarzellen ergibt nur dort Sinn, wo die Dachdeckung verschlissen ist und ohnehin ausgewechselt werden muss“, so Mertz. Wo jedoch die historische Dachdeckung noch erhalten sei, sei eine additive Anlage sinnvoller, um diese Originalsubstanz zu bewahren. Zudem ermögliche die aufgesetzte Anlage den leichten Ersatz durch – erfreulicherweise absehbare – effizientere und modernere Anlagen, die für die Zukunft zu erwarten seien. Ungeachtet dessen muss in jedem Fall der Dachstuhl die statische Voraussetzung erfüllen. Aus denkmalpflegerischer Sicht wäre der Verlust eines gesamten historischen Daches – Dachstuhl und Dachdeckung – nicht akzeptabel.
Allen technischen und gesetzlichen Entwicklungen zum Trotz ist die Installation einer Solaranlage immer eine genehmigungspflichtige Baumaßnahme. „Das verlangt bei denkmalgeschützten Bauten durchweg nach Einzelfallentscheidungen“, verweist Mertz abschließend darauf, dass es dennoch Ausnahmen geben könnte.
Drei Prozent des Gebäudebestandes denkmalgeschützt
Die Denkmalliste von Rheinland-Pfalz umfasst etwa 40.000 Objekte. Dabei enthält die Denkmalliste nicht nur Gebäude, sondern auch Kleindenkmale (etwa Wegekreuze oder Grabmale) sowie Denkmalzonen, die aus vielen Gebäuden bestehen können. Insgesamt sind rund drei Prozent des Gebäudebestands in Rheinland-Pfalz denkmalgeschützt.