Jobcenter Worms: Bilanz nach 10 Jahren

Diskutierten über zehn Jahre Jobcenter Worms. von links: Waldemar Herder, Heike Strack und Claus Scherer. Foto: Gernot Kirch
Von Gernot Kirch Vor rund zehn Jahren wurde in der Regierungszeit von Bundeskanzler Gerhard Schröder die Arbeitsmarktpolitik reformiert. Die sogenannte Hartz-Gesetzgebung brachte zahlreiche Änderungen und stand unter den Schlagworten: „Fördern und Fordern!“ Ein Ziel war es, auch wenn dies nie so ganz offen formuliert wurde, etwas mehr Druck auf Arbeitssuchende auszuüben und so mehr Bewegung in den Arbeitsmarkt zu bringen. Auch wurden die Zumutbarkeitskriterien, welche Arbeit angenommen werden muss, nach unten korrigiert. Die berühmte „Soziale Hängematte“ sollte es nicht mehr geben. Weitere wesentliche Elemente waren die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe. Dazu wurden die Jobcenter geschaffen, eine gemeinsame Einrichtung von Arbeitsagentur und den städtischen Sozialämtern.
Bilanz in Worms
Das Jobcenter Worms zog nach zehn Jahren Hartz-Gesetzgebung auf einer Pressekonferenz am Dienstagmittag Bilanz. Die Referenten waren der städtische Sozialdezernet Waldemar Herder, der Geschäftsführer des Wormser Jobcenters, Claus Scherer, und Heike Strack, die Leiterin der Arbeitsagentur. Zunächst präsentierte Heike Strack die Zahlen der vergangenen zehn Jahre für Worms mit dem Schwerpunkt auf den aktuellen Erhebungen. Eine gewisse Ernüchterung stellte sich bei hier den Zuhörern ein, denn waren im Jahr 2006 beim Wormser Jobcenter 7.800 Personen gemeldet, sind es heute 7.900 Personen. Und in den letzten Jahren bewegte ich die Zahl nahezu immer relativ konstant um diesen 8.000er Wert.
Diese rund 8.000 Einzelpersonen leben in 4.000 Bedarfsgemeinschaften, also Familien bzw. Partnerschaften. Schlüsselt man diese 8.000 Personen nach einzelnen Gruppen auf, ergibt sich folgendes Bild: 2.500 sind arbeitslos, 1.000 machen Fortbildungsmaßnahmen, 1.500 sind sogenannte Aufstocker und etwa 3.000 sind Kinder, Jugendliche, Ältere und Sonstige. Rund 25 Prozent der Leistungsbezieher sind Ausländer.
Aktuell rd. 1.500 Aufstocker in Worms
Ein besondrer Blick lohnt sich hier bei den Aufstockern, also jener Gruppe, die eine geregelte Arbeit haben, aber davon nicht leben können und Zuschüsse benötigen. Von den 1.500 Aufstockern in Worms gehen 500 einem Mini-Job nach und 1.000 haben einen Voll- oder Teilzeit Beschäftigung, Claus Scherer merkte dazu an, dass man solch eine hohe Zahl vor zehn Jahren nicht erwartet habe. Weiter führte er aus, dass der Mindestlohn bundesweit jetzt bei 8,50 Euro liege, man aber etwa 9,40 Euro in Worms verdienen müsse, um hier existieren zu können. Die sei ein Grund für die hohe Zahl der Aufstocker.
Auch weist die Struktur des Arbeitsmarktes in Worms „traditionelle“ eine hohe Zahl im Niedriglohnsegment aus.
Sockelarbeitslosigkeit
Es stellt sich natürlich auch die Frage, wie starr ist dieser Block vom 8.000 Leistungsbeziehern, also schaffen es viele Menschen dort rasch wieder rauszukommen? Hierzu sagte Claus Scherer, dass man eine Dreiteilung vornehmen müsse.
So gebe es ein Drittel der erwerbsfähigen Leistungsbezieher, mit denen man sehr gut arbeiten könne und die relativ zügig wieder in den Arbeitsmarkt vermittelt werden. So seien alleine im letzten Jahre 1.350 Personen aus dem Bereich des Jobcenters in den Arbeitsmarkt gewechselt.
Dann gebe es ein weiteres Drittel der erwerbsfähigen Leistungsbezieher, mit denen es schwierig sei, mit denen man aber arbeiten könne. Und schließlich existiere ein relativ festgefügter Sockel von ebenfalls einem Drittel, die für den ersten Arbeitsmarkt eigentlich nicht mehr zur Verfügung stehe. Gründe hierfür seien etwa Alkohol- oder Drogenproblematik. Genannt werden muss hier sicher aber auch, dass es oft Personen sind, denen nicht nur die Qualifikation fehlt, sondern die auch keinen geregelten Tagesablauf mehr haben, um im harten Arbeitsalltag bestehen zu können. Hier waren sich alle drei Teilnehmer der Diskussion relativ einig, wonach für dieses Drittel eine Rückkehr in den ersten Arbeitsmarkt quasi nicht mehr in Betracht kommt. Zweckmäßig sei es hier, wieder einen zweiten also staatlich subventionierten Arbeitsmarkt mit gemeinnützigen Arbeiten kreiert werdne müsste. denn es geh auch darum, diesen Menschen die Würde einer Arbeit zu geben.
Fazit
Heike Strack, Waldemar Herder und Claus Scherer zogen ein insgesamt positives Fazit der Arbeitsmarktstruktur, denn sie habe für mehr Transparenz gesorgt und gerade auch für alleinerziehende Frauen Vorteil gebracht. Wobei die drei einräumen musste, dass die Reformen kein Wunder vollbracht haben. Waldemar herder merkte zum ende an, dass die Stadt Worms immerhin 17 Millionen Euro jährlich für die Unterbringung bzw. Mietzuschüsse aufwenden müsse.
Klagen und Widersprüche
Die Zahl der Widersprüche gegen die Bescheide des Jobcenters ist nach wie vor relativ hoch. In Worms sind dies pro Jahr zwischen 800 und 1.000 Widersprüche, dazu kommen noch die Klagen vor dem Sozialgericht.
Sanktionen
Überschätzt wird hingegen die Zahl der verhängten Sanktionen vom Jobcenter. Dies trifft pro Jahr nur etwa drei bis vier Prozent der Leistungsbezieher. Der häufigste Grund ist das Nicht-Erscheinen zu Beratungsterminen. Die Kürzung beträgt dann zehn Prozent der Leistungshöhe. Bei mehrmaligen Verstoss können maximal 30 Prozent gesenkt werden.