„Männer muss man erziehen wie Hunde“
Von Vera Konersmann Der Wanderprediger ist zurück, am Freitag, dem 27. März, tritt der Comedian und Kabarettist Ingo Appelt im Wormser auf. Im NK-Interview erzählte der selbsternannten „Konkursverwalter der Männlichkeit“ vorab, wie er Comedian wurde, welche Unterschiede es zwischen männlicher und weiblicher Politik gibt und was bei der zwischengeschlechtlichen Kommunikation falsch läuft.
NK: Herr Appelt, seit einem Vierteljahrhundert sind Sie nun im Geschäft, wie kam es dazu?
I.A.: Ende der 80er Jahre war ich in der IG Metall aktiv. Und da Gewerkschaftsfunktionäre eh gern mal reden, bewarb ich mich um die Teilnahme auf der Jugendkonferenz der IG Metall. Damals wurden für das Programm Leute gesucht, die Kultur machen und da ich 28 Politiker parodieren konnte, wollte ich es eben wissen. Na ja, schließlich hat es dem Publikum sowie einem anwesenden Manager gefallen.
NK: 28 Politiker, wen hatten Sie denn alles in Ihrem Repertoire?
I.A.: Oh, da waren einige dabei von Willy Brandt über Franz Josef Strauß und Helmut Kohl bis hin zu Wolfgang Schäuble. Heute bekomme ich vielleicht grad noch eine Handvoll hin.
NK: Ich denke, dass sind doch noch einige mehr- oder?
I.A.: Nein, mehr prägnante Politiker gibt es heutzutage ja leider gar nicht mehr. Hören Sie sich doch mal eine Radio-Comedy-Show an, da werden immer dieselben fünf Politiker aufs Korn genommen. Selbst Schröder muss noch herhalten.
NK: Was denken Sie, woran das liegt?
I.A.: Das ist einfach erklärt. Das liegt an Frau Merkel. Angela Merkel ist eben eher der ruhige und brave Mutti-Typ, sie macht ihre Politik und das ohne viel Aufsehen. Wohingegen ihre männlichen Vorgänger eher mal gepoltert haben, was natürlich für Parodisten ein gefundenes Fressen war.
NK: Sie würden also sagen, dass es einen Unterschied zwischen weiblichem und männlichem Politikstil gibt?
I.A.: Absolut! Heute wird ein ganz anderer Politikstil gefahren. Das Politikgeschäft ist wesentlich ruhiger und unaufgeregter geworden. Außerdem darf man Frauen auch nicht so angreifen, die genießen politischen Welpenschutz, was es für Comedians und auch Journalisten etwas schwieriger macht.
NK: Was denken Sie, wieso der weibliche Politikstil unaufgeregter ist?
I.A.: Frauen haben eine höhere Moralität als wir Männer. Wenn man uns Männer allein lässt, bauen wir doch ganz gern mal scheiße. Außerdem sind in manchen Kulturen noch immer frauen- und schwulenfeindliche Leute an der Macht, wohingegen bei uns in den westlichen Zivilgesellschaften das alles auf den Kopf gestellt ist. Frauen sind hier viel wichtiger als Männer. Wichtiger in der Familie, wichtiger für die Werbebranche etc.
NK: Und da setzten Sie an und versuchen, die Männerwelt auf das Leben einzustellen – schließlich wird Ihr neues Programm als eine Art „Männer-Verbesserungs-Comedy“ angekündigt?
I.A: Klar, ich sehe mich ja selbst als Martin Rütter der Männlichkeit! Auf der Bühne biete ich männliche Erziehungstipps oder gar Umerziehungstipps an. Männer brauchen klare Ansagen wie Hunde, sonst machen wir nur Mist.
NK: Was denken Sie, ist denn die größte Schwierigkeit im Zusammenleben von Männern und Frauen?
I.A.: Männer hören Frauen nicht zu, ehrlich gesagt, haben wir oft auch keinen Bock zuzuhören. Wir fühlen uns immer angegriffen, wenn Frauen uns was sagen wollen und schalten gleich in den Abwehrmodus. Es ist schon interessant, wie verschieden die Unterhaltungen zwischen Frauen mit Frauen, Männern mit Männern und zwischengeschlechtlich ablaufen.
NK: Kennen Sie das auch aus der eigenen Partnerschaft?
I.A.: Schon, meine Frau sagt manchmal „Du bist ja auch nur mit mir zusammen, damit Du jemanden zum ärgern hast“ (lacht). Aber in Wahrheit bin ich doch ein fürsorglicher Typ, der ein Fünf-Gänge-Menü kocht und das Badewasser einlässt. Frauen müssen das aber auch zulassen. Heutzutage gibt es sehr viele dominante Frauen, die gleich ein schlechtes Gewissen oder eine böse Absicht hinter Geschenken und Gesten vermuten. Das liegt meiner Meinung nach meistens an einem gestörten Verhältnis zum Vater. Da bin ich echt froh, dass meine Partnerin einen guten Draht zu ihrem Vater hat.
NK: Worin liegt denn der Unterschied zu partnerschaftlichen Beziehungen von früher?
I.A.: Viele Paare stehen heute im regelrechten Konkurrenzkampf zueinander: Wer kann besser mit den Kindern? Wer hat mehr facebook-Freunde? Und so weiter. Leider haben Paare weniger Toleranz füreinander als früher. Wenn es nicht passt, wird es eben ausgetauscht. In irgendeiner Internet-Partnerbörse findet sich bestimmt was Besseres und das sogar mathematisch berechnet! Die Anspruchshaltung an einen Partner ist, vor allem bei Frauen, viel zu hoch.
NK: Was denken Sie, ist der größte Fehler, den moderne Frauen begehen?
I.A.: Männer neigen dazu nach der Arbeit einfach abzuschalten und Feierabend zu machen, während Frauen den Ausknopf nicht finden können. Frauen sind im Dauereinsatz – nach dem Job werden noch Kirschen eingekocht, die Wäsche erledigt, genäht, geputzt, zum Sport gerannt etc.pp. Man(n) hört nur „Ich muss noch dies tun, ich muss noch das erledigen“. Die Frauen sollten mal dazu übergehen zu sagen „Leck mich am Arsch, ich habe jetzt Schluss für heute“ dann wären sie auch nicht generell so vom Leben gestresst. Aber das Schlimme ist, das Männer nach und nach auch damit anfangen. Ich sag nur Burnout! Heutzutage muss jeder immer erreichbar sein, das Handy liegt sogar neben dem Bett, da hat man keine Chance zum Abschalten.
NK: In Ihrer Show nehmen Sie nach eigener Aussage die lächerlichsten Stars auf die Schippe. Welche Stars sind Ihrer Meinung nach denn lächerlich?
I.A.: Eigentlich alle! Ich eingeschlossen. Wenn ich abends auf der Bühne frage, wer Til Schweiger mag, trauen sich vielleicht mal zwei mutige Damen im Publikum die Hand zu heben. Angeblich mag ihn keiner, trotzdem hat er eine unschlagbare Einschaltquote. Das liegt wohl eher daran, dass wir Deutschen dazu neigen, alles blöd zu finden. Wir lästern und stänkern lieber, als unsere Vorlieben und Anerkennung kundzutun. Selbst unsere Stars sind uns nicht gut genug!
NK: Und welche Trends finden Sie schräg?
I.A.: Definitiv alle! Besonders furchtbar finde ich die sprachliche Verhohnepiepelung per SMS. Da schicke ich meine Kinder jahrelang zur Schule, damit sie lernen korrektes Hochdeutsch zu schreiben und was schicken die mir für bruchstückhafte Nachrichten mit Abkürzungen wie „lol“ und „hdl“- Ätzend!!!
NK.: Möchten Sie abschließend unseren Lesern, vielleicht besonders unseren männlichen Lesern, noch einen Tipp mitgeben?
I.A.: Meine Show ansehen, sich wiedererkennen und mitlachen. Man kann echt was lernen bei Appelt – Ich weiß nur nicht, ob es auch was bringt!