DEUTSCHE UMWELTHILFE e.V.: Beim ersten „Hitze-Check“ wird Worms eine zu hohe Versiegelung attestiert / Stadt stellt Datengrundlage in Frage
Rote Karte wegen zu viel Grau und zu wenig Grün
Von Robert Lehr › Es war keine vierzehn Tage her, dass die Stadt – nicht ohne Stolz – ihre „Mobilen Grünen Zimmer“ vorstellte, da schlug am Dienstag eine Meldung der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) wie eine Bombe ein: Denn während die grünen Oasen an besonders heißen Orten der Wormser Innenstadt für frische Luft, schattige Sitzplätze und Abkühlung sorgen sollen, veröffentlichte die (DUH) ihren ersten bundesweiten „Hitze-Check“ – mit der Nibelungenstadt auf dem viertletzten Platz bei 190 untersuchten Städten.
Schutz nicht ausreichend
„Der Großteil der Städte in Deutschland schützt die Menschen nicht ausreichend vor den extrem hohen Temperaturen als Folge der Klimakrise“, warnt die Umwelthilfe in ihrer Pressemitteilung zum „Hitze-Check“. Die Städte seien stark versiegelt und böten zu wenig kühlendes Grün.
So das Gesamtergebnis der DUH-Studie unter 190 deutschen Städten mit mehr als 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Die Analyse betrachtete Flächenversiegelung und Grünausstattung in den Städten, basierend auf neuen Daten der Potsdamer Luftbild Umwelt Planung GmbH im Auftrag der DUH. Insgesamt erhielten bei „Hitze-Check“ 24 Städte eine Rote Karte, 82 eine Gelbe Karte und 84 eine Grüne Karte.
3 der 5 Schlusslichter aus Rheinland-Pfalz
Besonders schlecht schneiden laut dem „Hitze-Check“ dessen Schlusslichter Ludwigshafen mit 57,75 Prozent Versiegelung, Heilbronn (54,34 Prozent), Regensburg (53,98 Prozent), Worms (52, 67 Prozent) und Mainz (51,61 Prozent) mit einer Rote Karte ab. U.a. seien gerade sie „besonders stark versiegelt und haben sehr wenig sogenanntes Grünvolumen“. Auffallend ist die Tatsache, dass drei der fünf Kommunen mit „Platzverweis“ in Rheinland- Pfalz liegen. Grüne Karten hingegen gab es für vorbildliche Städte wie Detmold, Ratingen, Potsdam oder Jena mit vergleichsweise wenig Versiegelung und hohem Grünvolumen.
Städte wie Sindelfingen oder Kaiserslautern seien zwar extrem stark versiegelt, hätten aber viel Grünvolumen – Hier gibt es eine Gelbe Karte. Ebenso aber auch Gemeinden wie Pulheim und Wilhelmshaven, die eine vergleichsweise geringe Versiegelung aufwiesen, aber gleichzeitig wenig Grünvolumen besitzen.
„Wormser for Future“ sehen sich bestätigt
Mit dem Abschneiden der Nibelungenstadt sehen die „Wormser for Future“ (WfF) ihre Forderungen bestätigt. So kommentiert WfW-Mitgliedes Bertram Schmitt in einer Pressemitteilung, dass sich seine Gruppierung „schon seit geraumer Zeit für die Entsiegelung und Begrünung von Flächen in unserer Stadt“ einsetzt.
So habe es u.a. bereits zweimal einen „Parking Day“ auf dem Neumarkt gegeben der sich für dessen Umwidmung und Begrünung einsetze. „Die Einstufung von Worms beim Städte-Check zeigt erneut, wie wichtig es ist, dass der Hohe Stein und das Mittelhahntal nicht zu Gewerbegebieten werden“ unterstreichen die Umweltaktivisten ihr Engagement.
Die von „Wormser for Future“ vorgenommene Anpflanzung einer Waldinsel am Kirschgartenweg am Rande des Mittelhahntals habe ebenfalls darauf abgezielt, „die CO₂-Bilanz von Worms zu verbessern“. In diesem Zusam- menhang merken WfF an, dass es seit Ende 2022 einen Wormser „Hitzeaktionsplan“ gebe und die Stadt sich rühme, diesbezüglich unter deutschen Städten „zu den Vorreitern gehört“. In dem Plan würden auch verschiedene Maß-nahmentypen genannt und umgesetzt z.B. ein Hitzetelefon für konkrete Hitzeereignisse. Darüber hinaus auch Schulungen und Sensibilisierung als mittelfristige Maßnahmen zur Vorbereitung und Information sowie „die Entwicklung von langfristigen Strategien und Maßnahmen zur Erhöhung der Hitzeresilienz unter Einbezug des Bauwesens und der Stadtplanung“ z. B. durch die Erhöhung der Anzahl der Grünflächen.
Als positives Beispiel hierfür nennen WfF die geplante Erweiterung der Grünanlage im alten Stadtgraben. Zwischen Adenauerring und Herta-Mansbacher-Anlage sollen zukünftig Parkplätze entfallen, denn die Stadt Worms plane, die Grünanlage im alten Stadtgraben zu erweitern. „Wir halten das für ein wichtiges Signal für Naherholung und Mikroklima“ so die „Wormser for Future“.
Weiterhin weisen sie im Hinblick auf die Ergebnisse des „Hitze-Checks“ darauf hin, dass es in Worms „einen hohen Handlungsbedarf in Richtung CO₂-Einsparung und Klimaanpassung besteht“. Dafür sei die Versiegelung zu stoppen bzw. rückgängig zu machen und für mehr Grün zu sorgen, „etwa dadurch, dass Vorgärten begrünt und gerade in der Innenstadt mehr Flächen entsiegelt und Fassaden begrünt werden“. Die Pläne hierzu „liegen bei der Stadt bereits in den Schubladen“. Allerdings müssten diese „viel schneller umgesetzt werden“. Daher fordern WfF die Parteien im neu gewählten Stadtrat auf, „sich zu einer Mehrheitskoalition im Stadtrat zusammentun“ und fordern diese endlich auf „endlich mutige Entscheidungen für den Klima- und Hitzeschutz zu treffen“.
Stadt stellt Datengrundlage in Frage
Die Stadt Worms selbst stellt auf Nachfrage des NK zunächst die Datengrundlage des „Hitze-Checks“ in Frage. So habe man laut der städtischen Pressestelle deren Ergebnis mit eigenen Auswertungen verglichen. Daraus ergebe sich, „dass zum 31. Dezember 2023 65,3 Prozent der Stadtfläche für Vegetation genutzt werden, also nicht versiegelt sind“, so Pressesprecher Carsten Schneider-Wiederkehr. Rechne man die Gewässerflächen mit, seien sogar knapp 70 Prozent unversiegelt.
Wichtige Aufgabenfelder
Dessen ungeachtet seien „Klimaschutz und Klimafolgenanpassung wichtige Arbeitsfelder der Stadtverwaltung“. Daher habe man bereits einige Konzepte entwickelt, um den Anteil an Grünflächen zu erhöhen. Schneider-Wiederkehr nennt
hier den „Rahmenplan Stadt.Klima.Grün“, mit dem man Flächen entsiegeln möchte. Außerdem beteilige man sich an dem „Kommunalen Investitionsprogramm ,Klimaschutz und Innovation (KIPKI), das auch ein Projekt zur Pflanzung zusätzlicher Bäume ist.“ Schließlich habe die Stadtverwaltung das ,Klimakonzept Innenstadt’ entwickelt, das sich vertieft mit dem Klima in der Stadt beschäftigt.
Die genauen Ergebnisse des „Hitze-Checks“, seine Systematik und die resultierenden Forderungen unter www.duh.de