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17.43 Uhr | 25. Juni 2013
Tafel zur Würdigung eines Dittelsheimer Pfarrers enthüllt / Auch heute noch würden Menschen „an den Pranger gestellt“

Rudi-Stephan-Schüler erinnern an Hexenverfolgung

TafelAnton Praetorius, der vor mehr als 400 Jahren in Dittelsheim einige Jahre als evangelisch-reformierter Pfarrer wirkte, wurde von seinen Zeitgenossen als „Hexenbuhle“ angefeindet. Ein Mensch, der andere verteidigte, die der Hexerei bezichtigt wurde, war selbst gefährdet und galt schnell selbst als Freund der Hexen oder eben als deren „Buhle“. Davon war auch ein Pfarrer nicht ausgenommen. Schüler des Wormser Rudi-Stephan-Gymnasiums stellten in einem Gottesdienst in der Dittelsheimer Heidentumkirche Anton Praetorius als einen entschiedenen Kämpfer für Mitmenschlichkeit vor.

Anlass war die feierliche Vorstellung einer Erinnerungstafel an den früheren Dittelsheimer Pfarrer, der sich als einer „der ersten gegen Hexenverfolgung und Folter wandte“, wie auf der Metalltafel zu lesen ist.

Würde des Menschen als Thema im Religionsunterricht
Die Schüler des Rudi-Stephan-Gymnasiums hatten im evangelischen Religionsunterricht mit Schulpfarrer Andreas Schätzel erarbeitet, was die Würde des Menschen ausmacht und wie in vergangener und gegenwärtiger Zeit, Menschen immer wieder unwürdiger Verfolgung ausgesetzt waren. Dabei lernten sie auch das Leben von Anton Praetorius kennen, der sich mutig der damals üblichen Folter von Angeklagten widersetzte. Da es bisher in der Gemeinde Dittelsheim-Hessloch kein Erinnerungszeichen an diesen Kämpfer gegen Hexenverfolgung gab, wandten sich die Schüler an den dortigen evangelischen Kirchenvorstand mit der Bitte, am Pfarrhaus eine Hinweistafel an den früheren Gemeindepfarrer anzubringen.

Voller Stolz zogen dann nach dem Gottesdienst zwei Schülerinnen das Tuch von der silbernen Platte und gaben den zahlreichen Gottesdienstbesuchern den Blick frei auf das von ihnen initiierte Erinnerungszeichen an einen Menschen, der zu einem Vorbild wurde „für alle, die sich einsetzen für die Würde des Menschen“. So ist es nun am Pfarrhaus in der Dittelsheimer Hauptstraße zu lesen.

„Wir waren zunächst ein wenig beschämt“, sagte Gerd Rothfuß, der Vorsitzende des Kirchenvorstands. „Da müssen uns erst Schüler einer 10. Klasse wieder darauf hinweisen, dass in unserer Gemeinde ein so bedeutsamer Pfarrer gewirkt hat.“ Da am diesjährigen Nikolaustag nun der 400. Todestag von Anton Praetorius anstehe, habe man die Initiative der Schüler aber sehr gerne aufgegriffen. „Ich hätte nicht gedacht, dass unser Brief so gut aufgenommen wird“, äußerte sich eine der Rudi-Stephan-Schülerinnen.

Pfarrerin Schaab würdigt Beharrlichkeit der Schüler
Für sie alle wurde mit diesem Projekt erfahrbar, dass persönliches Engagement auch zu konkreten Ergebnissen führen kann. Rita Schaab, evangelische Pfarrerin in Dittelsheim-Hessloch, würdigte im Gottesdienst vor allem die Beharrlichkeit der Schüler, der es zu verdanken gewesen sei, dass innerhalb eines Jahres dieses Erinnerungszeichen auf den Weg gebracht werden konnte.

Schulpfarrer Andreas Schätzel unterstrich dabei die Bezüge zur Gegenwart und erinnerte in seiner Predigt daran, dass auch heute Menschen immer wieder als Sündenböcke an den Pranger gestellt würden, in Nachbarschaftsgesprächen wie auch in der virtuellen Welt des Internets. Deshalb sei die Erinnerung an den Menschen Anton Praetorius zugleich eine mahnende Verpflichtung.

Schüler des Wormser Rudi-Stephan-Gymnasiums (Jule Bauer, Leyla Senuslu, Marlene Stahnecker, Jannes Wach, Leonard Weber, Shaya Werner, Svenja Schmieg, Antonia Brüssermann von links) präsentieren gemeinsam mit Schulpfarrer Andreas Schätzel (2. von links) die Erinnerungstafel an Anton Praetorius.

Schüler des Wormser Rudi-Stephan-Gymnasiums (Jule Bauer, Leyla Senuslu, Marlene Stahnecker, Jannes Wach, Leonard Weber, Shaya Werner, Svenja Schmieg, Antonia Brüssermann von links) präsentieren gemeinsam mit Schulpfarrer Andreas Schätzel (2. von links) die Erinnerungstafel an Anton Praetorius.

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