Was auf Fahrgäste und Verkehrsunternehmen zukommt

Sobald die Riedbahn zwischen Frankfurt am Main und Mannheim generalsaniert wird, müssen Güter- und Fernverkehr linksrheinisch umgeleitet und hierzu klassische Regionalzüge Richtung Mannheim respektive Mainz ausgedünnt werden. Foto: Rudolf Uhrig
Von Florian Helfert › Die Deutsche Bahn (DB) beginnt im Juli 2024 auf der sogenannten Riedbahn zwischen Frankfurt am Main und Mannheim mit der Generalsanierung einer der meist befahrenen Bahnstrecken Deutschlands. Mit knapp 500 Millionen Euro Investitionsvolumen hat sie eine hohe Priorität.
Innerhalb von nur fünf Monaten möchte die Bahn u.a. alle technischen Anlagen erneuern, zusätzliche Überholmöglichkeiten für Züge schaffen und die Bahnhöfe entlang der Strecke modernisieren. Züge werden dann umgeleitet, Fahrgäste länger unterwegs sein. Im Nahverkehr werden zur Kompensation zum Beispiel Busse zum Einsatz kommen, die bis zu 200 Züge am Tag ersetzen müssen.
Aber: Bereits im Vorfeld sind Vorarbeiten an Gleisen und Weichen notwendig, die ebenfalls zu Sperrungen der Strecke führen, voraussichtlich vom 8. bis 28. Januar 2024.
ZÖPNV Süd bezieht Stellung
Am Donnerstag hat die Deutsche Bahn nach Informationen des Zweckverbandes Öffentlicher Personennahverkehr Rheinland-Pfalz Süd (ZÖPNV Süd) bei einer Pressefahrt die Maßnahmen zur Generalsanierung der rechtsrheinischen Riedbahn vorgestellt. Die Grundkonzeption trägt der Zweckverband als Aufgabenträger des Schienenpersonennahverkehres (SPNV) im südlichen Rheinland-Pfalz mit.
„Auf der linken Rheinstrecke Bingen – Mainz – Worms – Mannheim entfallen während der Bauphase wegen der zur Umleitung des Fernverkehrs und Güterverkehrs notwendigen Ausdünnung des regionalen Schienenpersonenverkehrs rund 40 bis 50 Prozent der Züge des regionalen SPNV“, informiert Fritz Engbarth, stellvertretender ZÖPNV-Verbandsdirektor, über schwerwiegende Folgen der ab Juli geplanten Sanierung der Riedbahnstrecke auf die Verbindung zwischen Bingen und Mannheim.
Die Generalsanierung folgt laut Engbarth dem Grundgedanken des eingerichteten Runden Tischs Bau, Maßnahmen zu bündeln und Strecken als Ganzes zu erneuern. Insofern sei die Idee nicht neu, sondern werde nun quasi im großen Stil aufgegriffen.
„Die DB Netz bemüht sich um ein partnerschaftliches Miteinander mit den Eisenbahnverkehrsunternehmen und Aufgabenträger“, so Engbarth weiter. Dies sei auch unabdingbar, weil jahrelang bewährte SPNV-Angebotskonzepte innerhalb weniger Monate durch einen völlig neu zu entwickelnden Fahrplan mit völlig anderen Rahmenbedingungen abgelöst werden müssten. Parallel dazu seien weitere Herausforderungen zu bewältigen.
Ignorierte Vorschläge zu Lasten der Fahrgäste
Dennoch sind aus Sicht des ZÖPNV Süd in mehreren Punkten entscheidende Details ungeklärt beziehungsweise schlecht gelöst. So habe die DB Netz – bevor sie die Aufgabenträger einbezogen gehabt habe – entschieden, die Strecke in einem Stück von vor den Toren Frankfurts bis nach Mannheim Hbf zu sperren. Dort werde selbst im Bahnhofsumfeld gebaut, weshalb die Ersatzbusse gar nicht den Hauptbahnhof werden anfahren können. Dies sei sehr kundenunfreundlich.
„Unser Vorschlag“, berichtet Engbarth, „die Strecke in zwei Abschnitten zu sperren (Frankfurt – Biblis und Biblis – Mannheim), um so bessere und kundenverträglichere Ersatzkonzepte entwickeln zu können, lief so ins Leere“. Damit wäre die Menge an Bussen und an Personalen quasi halbiert worden.
Personalmangel bei Busfahrern
Die DB selbst spreche allein für die Riedbahnphase von 120 Bussen, parallel dazu finden aber auch regional weitere Maßnahmen statt, die weitere Ressourcen erfordern würden. Ob diese Menge an Busfahrern überhaupt akquiriert werden könne, stellt Engbarth angesichts eines bundesweit enormen Fahrermangels in Frage.
Die Idee des Zweckverbandes, hilfsweise die Ersatzverkehre aus dem hessischen Ried in Biblis zu bündeln und von dort einen leistungsfähigen Zugpendelverkehr in den Mannheimer Hauptbahnhof anzubieten (über Worms – Ludwigshafen), scheitere daran, dass die DB den Bahnhof Biblis hierfür nicht „freigebe“, sondern dort selbst einen Umbau der Personenverkehrsanlagen vorsehe. „Leider war man seitens der DB Netz AG nicht bereit, hier eine kundenfreundliche Lösung zu finden“, bedauert Engbarth im Namen des ZÖPNV Süd.
Ungeklärte Finanzfragen
Auch die Finanzierung der Ersatzbusse sei bislang noch nicht ausreichend abgesichert: Die DB Netz bemühe sich erkennbar um eine Klärung mit dem Bund.
Ungeklärt sei ferner die Finanzierung des betrieblichen Mehraufwandes für Anbieter im Schienenpersonenverkehr. Die notwendigen völlig neuen Betriebsprogramme erfordern nach Angaben des ZÖPNV Süd ein Abweichen von kalkulierten Aufwendungen, welche die Unternehmen nachvollziehbar den Aufgabenträgern (weil Vertragspartner) formal in Rechnung stellen. Die klare Forderung der Aufgabenträger ist, dass diese Zusatzkosten über das Sanierungsprojekt finanziert werden.
„Uns fehlt jedoch eine hinreichend zuverlässige Angabe darüber, dass die Mehrkosten durch die DB Netz ausgeglichen werden“, sagt Engbarth – zumal es weder sachgerecht noch vermittelbar sei, aus Steuermitteln zusätzliche Kosten zu übernehmen, die aus Angebotsverschlechterungen resultieren würden.
Verkehrsunternehmen im Dilemma
Zur Verdeutlichung ein Blick auf die Zeitschiene: Anfang April – dies ergibt sich aus den Nutzungsbedingungen der DB Netz AG – müssen Verkehrsunternehmen auf Basis rechtsverbindlicher Bestellungen der Aufgabenträger die Trassen (also die Fahrplanslots) für jeden einzelnen Zug bei DB Netz anmelden. „Die Vorarbeiten dafür, also Dateneingaben, müssen jetzt unverzüglich gestartet werden. Und dies, obwohl grundlegende vertragliche Themenstellungen zwischen Aufgabenträgern und Verkehrsunternehmen wie vorstehend beschrieben noch nicht geklärt werden können“, kritisiert der stellvertretende Verbandsdirektor des ZÖPNV Süd, Fritz Engbarth, abschließend.