„Die Auswirkungen der Erderwärmung sind längst in unserem Alltag angekommen. Wir erleben die Trockenheit in den Sommern, die häufigeren Wetterextreme, die Veränderungen von Flora und Fauna. Daher müssen wir den Ausbau der Erneuerbaren Energie vorantreiben und unsere Hochwasservorsorge und den Hochwasserschutz kontinuierlich verbessern“, erklärte Umweltstaatssekretär Dr. Erwin Manz in Gimbsheim. Gemeinsam mit Prof. Dr. Hannes Kopf, Präsident der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd, informierte Manz Interessierte über das Vorhaben.
Innerhalb Deutschlands zählt Rheinland-Pfalz laut Manz zu den am stärksten vom Klimawandel betroffenen Regionen. Hier betrage die klimatische Temperaturerhöhung seit der frühindustriellen Zeit plus 1,7 Grad Celsius.
Um für Hochwassergefahren am Rhein besser gerüstet zu sein, hat Deutschland schon im Jahr 1982 mit Frankreich Maßnahmen für den Rhein vereinbart. Dadurch wird das Schutzniveau auf ein alle 200 Jahre wiederkehrendes Hochwasser erhöht werden.
Im rheinland-pfälzischen Abschnitt des Oberrheins besteht derzeit schon ein Schutz gegen Hochwasser eines Ausmaßes, wie es statistisch gesehen nur alle 120 Jahre auftritt. Wenn alle bereits beschlossenen Maßnahmen umgesetzt sein werden, sind Anwohner gegen ein 200-jährliches Hochwasser geschützt.
Gegen Wassermassen, die diese Schwelle übersteigen, sollen im Bereich Hördt sowie zwischen Eich und Guntersblum Flutungsgebiete am Rhein entstehen, um das Hochwasserrisiko nochmals zu senken.
Im Hinblick auf womöglich verschärfte Hochwasser durch den Klimawandel und zur Abwehr von extremen, über das 200-jährliche Schutzniveau des Hauptdeichsystems hinausgehenden Hochwasserereignissen braucht es also solch weitergehende Maßnahmen. „Sie sind ein ganz wesentlicher Baustein für ein umfassendes Hochwasservorsorgekonzept am Oberrhein“, erläuterte Umweltstaatssekretär Manz weiter.
In der Rheinniederung sollen daher zusätzlich zu den Deichertüchtigungen oder -rückverlegungen und dem Bau der Hochwasserrückhalteräume (Polder) für das 200-jährliche Schutzniveau diese „Reserveräume für Extremhochwasser“ bereitgestellt werden. Sollte bei einem extremen Hochwasser ein Überströmen des Rheinhauptdeiches drohen, so stünden diese Räume in Reserve, um das Deichsystem zu entlasten und unkontrollierte Flutungen zu vermeiden.
Aus Sicht von Prof. Dr. Hannes Kopf ist der gewählte Informations- und Dialogprozess wegweisend. „Aufgrund der Vielzahl von Besprechungsterminen der SGD Süd mit fachlicher Unterstützung durch die jeweiligen Fachplaner konnte erreicht werden, dass viele der zu Beginn des Planungsprozesses vorhandenen Fragen geklärt werden konnten. Dies führte zu einer größeren Akzeptanz des Gesamtprojektes.“
Nach sieben Jahren ist die Planung für den Reserveraum soweit fortgeschritten, dass noch in diesem Jahr die Unterlagen für das Planfeststellungsverfahren der Genehmigungsbehörde durch die verantwortliche Behörde, die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd, übermittelt werden.
Das Planfeststellungsverfahren wird etwa zwei Jahre in Anspruch nehmen. Im Verfahren haben Bürger wie auch sogenannte Träger öffentlicher Belange (u.a. Verbände) nochmals die Chance, Stellung zum Vorhaben zu nehmen. Nach Vorliegen eines Planfeststellungsbeschlusses kann der Bau des Vorhabens in Angriff genommen werden. Sofern keine Klagen zu Verzögerungen führen, kann im Jahr 2029 mit dem Bau begonnen werden.
Der Standort Eich-Guntersblum wurde gewählt, da er unterhalb der Mündung des Neckars in den Rhein liegt. Er bietet als einziger zusammenhängender Raum in Rheinland-Pfalz die Möglichkeit, Wassermassen aus dem Zusammenfluss von Neckar und Rhein aufzufangen.
Der geplante rückverlegte Deich des Reserveraums hat eine Länge von 9,1 Kilometern. Innerhalb von zwei Tagen könnte der Reserveraum bis zu rund 31 Millionen Kubikmeter Wasser aufnehmen. Die Flutung des Raums würde den Pegelstand des Rheins senken. Am Pegel Mainz wird etwa eine Absenkung um bis zu zwölf Zentimeter erreicht. Aber auch am Oberlauf – also flussaufwärts des Einlaufbauwerks bis nach Worms – ist mit einer leichten Senkung des Wasserspiegels zu rechnen. Auch das kann im kritischen Hochwasserfall dazu beitragen, dass der Rheinhauptdeich hält.
Der Reserveraum darf erst ab einem vorher festgelegten Rhein-Wasserabfluss (6.000m³/s am Pegel Worms, 7.900m³/s Prognose am Pegel Mainz) mit Wasser gefüllt werden. Das entspricht am Pegel in Worms einem Wasserstand von 7,80 Metern beziehungsweise in Mainz von 8,28 Metern – Pegelstände, die seit Aufzeichnungsbeginn 1882 nicht gemessen wurden.
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