Im Landkreis Alzey-Worms ist der Schwertransport von Windkraftkomponenten längst zur Routine geworden. Mehrmals pro Nacht rollen die imposanten Rotorblätter, tonnenschweren Generatoren und massiven Kranteile durch die Region. Der Anblick der Zahlen lässt erahnen, dass diese logistische Herausforderung höchste Präzision und jahrelange Erfahrung erfordert: Allein die Rotorblätter sind bis zu 100 Meter lang, die Generatoren bis zu 200 Tonnen schwer.
Die Schaltzentrale für diese anspruchsvolle Aufgabe ist das Büro der Straßenverkehrsbehörde. Sergej Salimov und Carmen Niebergall sorgen als Team dafür, dass die Schwertransporte sicher, schnell und effizient ihr Ziel erreichen: „Die Straßenverkehrsbehörde gehört auf die Straße“, betont Behördenleiter Salimov, sich auch schon mal nachts ein genaues Bild von dem Können der Begleitfirmen macht, welche die Transporte nach seinen Anordnungen umsetzen.
Überbreite Transporte müssen meist von Begleitfahrzeugen begleitet und abgesichert werden, um andere Verkehrsteilnehmer zu warnen und den Verkehrsfluss zu regeln. Darüber hinaus ist es wichtig, enge Kurven, Brücken oder andere Hindernisse wie Kreisverkehre sorgfältig zu berücksichtigen, um Unfälle oder Beschädigungen zu vermeiden.
Mit mehreren Windparks, darunter auch mit dem Windpark Gau-Bickelheim/Flonheim, hat sich der Landkreis Alzey-Worms zu einem wichtigen Standort für erneuerbare Energien entwickelt. Für den Bau eines einzigen Windrads werden acht bis zehn Schwertransporte sowie bis zu 80 zusätzliche normale LKW-Ladungen benötigt. In der vergangenen Nacht wurden drei imposante Rotorblätter nach Gau-Bickelheim geliefert – ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zur Fertigstellung des Windparks.
„Für die Vorbereitung eines Schwertransports benötigen wir in der Regel zwei Wochen“, erklärt Salimov. Ein beachtlich kurzer Zeitraum, der nur dank des Einsatzes digitaler Technologien möglich ist. Statt zeitaufwendiger Vor-Ort-Termine erhalten die Transportunternehmen Streckenvideos, die detaillierte Informationen zu den Streckengegebenheiten liefern. Diese Herangehensweise spart viel Zeit und ist wiederkehrend anwendbar, wenn die nächste Firma geschult werden muss.
„Die Kräne werden größer, die Rotorblätter immer länger“, sagt Salimov. Per Schiff kommen die gigantischen Bauteile aus China in den deutschen Häfen an, darunter auch in Worms. Jedes Projekt sei eine Herausforderung. Oft schlage er am Beginn seiner Planung die Hände über dem Kopf zusammen und frage sich: Wie soll das gehen? „Aber mit moderner Technik und Erfahrung bewältigen wir auch diese Aufgaben.“
Die Ergebnisse können sich sehen lassen. Darauf ist auch die Landesverwaltung aufmerksam geworden. Salimov ist Mitglied der Arbeitsgruppe Schwertransporte des Landes Rheinland-Pfalz, die eine Handreichung für andere Behörden erarbeitet. Ziel ist es, diese Expertise auf das gesamte Bundesgebiet auszuweiten, um Kommunen, welche noch keine oder nur geringe Erfahrung mit Schwertransporten haben, bei vergleichbaren Projekten zu unterstützen.
Während die meisten Transporte reibungslos verlaufen, gibt es auch unerwartete Herausforderungen. So erinnert sich Salimov an einen Transport, der am Hang in den Bäumen stecken blieb und mit einigen Achsen über einem fünf Meter tiefen Abgrund hing. Eine Befreiungsaktion mit zentimetergenauen Manövern, die rund vier Stunden dauerte.
Die Region Alzey-Worms beweist, dass erneuerbare Energien nicht nur von innovativer Technik, sondern auch von einer starken Organisation profitieren. „Mit Erfahrung, Fachwissen und einem guten Team bringen wir auch die größten Transporte sicher ans Ziel“, sagt Salimov überzeugt.
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