Sa., 04. Mai 2013, 07:34 Uhr
Caritasverband qualifiziert für den Umgang mit Demenzkranken / Beschäftigung mit Patienten als „Geschenk“
„Wir können so viel lernen von Menschen mit Demenz!“
Bereits zum dritten mal führte der Caritasverband Worms einen Qualifizierungskurs für die Begleitung und Betreuung demenziell erkrankter Menschen durch. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer engagierten sich über einen Zeitraum von vier Monaten, um nun in diesem Bereich ehrenamtlich zu arbeiten oder das Erlernte in der eigenen Familie zu nutzen. Am 2. Mai erhielten die neun Absolventen ihre Zertifikate.
Demenz geht uns alle an. Jeden Tag ein bisschen mehr. Schon jetzt leben etwa 1,4 Millionen Demenzkranke unter uns - wenn auch oft hinter geschlossenen Türen. Bis zum Jahr 2050 wird sich ihre Zahl wird sich auf ca. drei Millionen verdoppeln.
Trotzdem hoffen viele: Es wird schon gut gehen für mich und meine Familie. Verständlich. Denn wer will sich schon gerne vorstellen, dass die Eltern oder der Ehepartner schrittweise das Gedächtnis verliert, immer mehr in der eigenen Welt lebt, einen selber nicht mehr erkennt.
Um so bemerkenswerter ist es, dass Menschen sich freiwillig und in ihrer Freizeit diesem Thema stellen. Schon zum dritten mal hat sich eine Gruppe zusammengefunden, um sich beim Caritasverband Worms dafür qualifizieren zu lassen, demenziell erkrankte Menschen zu begleiten und zu betreuen.
„Sie lebt in ihrer eigenen Welt. Das akzeptiere ich jetzt – und das tut uns beiden gut.“
„Ich hätte selber dringend jemanden gebraucht, der mir mehr zu der Krankheit sagen kann. Das erleichtert so vieles.“ Gabriele Fritz ist darum froh, in dem Kurs Entscheidendes gelernt zu haben. „Ich kann jetzt viel entspannter mit meiner Mutter sein. Sie lebt in ihrer eigenen Welt. Früher dachte ich, ich muss dagegen angehen, Dinge 'richtig stellen', mit ihr diskutieren. Aber das ist Unsinn! Das hat sie immer schrecklich aufgeregt. Jetzt nehme ich sie ganz so an, wie sie ist und bestätige sie – und damit geht es uns beiden viel besser.“
Wie sie haben viele der Teilnehmenden persönliche Gründe für ihr Engagement. Und das ist beträchtlich: Zu drei Ganztags- und zwei Abendveranstaltungen kommen noch 15-20 Stunden Praktikum in der stationären oder ambulanten Betreuung.
Und bei all dem mussten die Absolventen eine Menge Stoff verarbeiten. Ina Baal und Thomas Jäger machten das anhand eines Korbes deutlich, in den sie bei der Feierstunde noch einmal symbolisch die Kursinhalte hineinlegten: etwa einen Lebensfaden für die Arbeit mit der Biografie – die, so Jäger, auch die Beschäftigung mit der eigenen mit einschloss. Oder auch ein Sozialgesetzbuch – stellvertretend für zahlreiche rechtliche Aspekte der Arbeit, etwa im Bereich Datenschutz oder Sozialversicherung. Natürlich gab es auch viel Wissen zu Medizin oder Kommunikation, und, ganz praktisch, Einblicke in kleine Pflegetechniken wie etwa den Umgang mit Rollstuhl und Rollator.
Eine Haltung der Wertschätzung
Bei aller Stofffülle ist der Rote Faden der Fortbildung die Vermittlung einer Haltung der Wertschätzung; der Blick auf das, was wir von dementen Menschen lernen können. Absolventin Susanne Seitz strahlt von innen, wenn sie ihre eigene Erfahrung auf den Punkt bringt: „Es kommt so viel zurück! Die Menschen sind so warmherzig, sie zeigen so deutlich ihre Gefühle. Mit ihnen zu singen, zu tanzen und Kontakt zu haben – das ist ein großes Geschenk.“