Die große Frühjahrsbelebung der rheinhessischen Wirtschaft fällt aus. In die Zukunft schauen die Betriebe in der Region mit starken Hoffnungen auf kräftige Wachstumsimpulse aus Berlin. Das spiegelt sich in den Ergebnissen der Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer für Rheinhessen zum Frühsommer: Der Konjunkturklimaindex, Gradmesser für die wirtschaftliche Entwicklung, zeigt noch keine Trendwende und bleibt im Frühjahr 2025 mit 97 Punkten erneut unter der Wachstumsschwelle von 100 Punkten.
„Die rheinhessische Wirtschaft wartet auf den Startschuss – viele Unternehmen sind bereit, endlich wieder in die Zukunft zu investieren, brauchen jetzt aber endlich die angekündigten klaren Impulse in der Praxis“, stellt IHK-Präsident Dr. Marcus Walden. „Jetzt zählt: Strukturreformen müssen schnell kommen und wirken – direkt in den Betrieben und nicht nur ‚auf dem Papier‘.“
Die aktuelle Geschäftslage stagniert beim Großteil der befragten rheinhessischen Unternehmen: Nur 25 Prozent können gute Ergebnisse melden, 58 Prozent verzeichnen eine befriedigende Lage, 17 Prozent eine schlechte. Die Geschäftserwartungen der Betriebe für die kommenden zwölf Monate sind nach wie vor eher pessimistisch: Lediglich 17 Prozent erwarten eine Verbesserung, 53 Prozent kalkulieren mit gleichbleibenden Geschäften und 30 Prozent rechnen mit einem Rückgang.
Daher sind die Unternehmen auch mit Investitionen weiterhin zurückhaltend und warten ab, wie sich die Wirtschaft in den nächsten Monaten entwickeln wird. „Die Lage bleibt herausfordernd“, macht IHK-Präsident Walden deutlich. „Viele halten ihr Pulver immer noch trocken – dabei gilt doch: Nur wer tatsächlich in Neues investiert, setzt nachhaltig auf Stabilität und Wachstum.“ So will ein Viertel der befragten Betriebe Investitionen zurückfahren, die Hälfte geht von einem gleichbleibenden Volumen aus, ein weiteres Viertel rechnet mit steigenden Investitionen.
Die Motive für die geplanten Investitionen versprechen ebenfalls kein Wachstum: 71 Prozent nennen Ersatzbeschaffungen und 38 Prozent Rationalisierungen. Nur 35 Prozent der Betriebe investieren in Produktinnovationen, 21 Prozent in den Umweltschutz und 15 Prozent in Kapazitätserweiterungen.
Die anhaltend schwierige geopolitische und weltwirtschaftliche Lage und der Regierungswechsel in Deutschland verunsichern weiterhin die Unternehmen und hemmen das Wachstum. Mit 58 Prozent führen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen die Liste der genannten Risiken an, gefolgt von der Inlandsnachfrage mit 54 Prozent, den Arbeitskosten (51 Prozent), dem Fachkräftemangel (46 Prozent), den hohen Energie- und Rohstoffpreisen (45 Prozent), der Auslandsnachfrage (19 Prozent) und der Finanzierung (10 Prozent).
„Unsere Unternehmen hoffen auf Wachstumsimpulse aus Berlin – gleichzeitig brauchen wir auch in Rheinhessen Rahmenbedingungen, die unsere Dynamik stärken“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführerin Karina Szwede. Mit der Ankündigung, die Finanzierungsbedingungen der Kommunen zu verbessern, setze der Koalitionsvertrag ein gutes Signal. „Hier müssen schnell konkrete Maßnahmen folgen, damit unsere Standorte vor Ort handlungsfähig bleiben.“
Mit Blick auf die Branchen beurteilen in der Industrie nur 19 Prozent der Betriebe die aktuelle Geschäftslage als gut, 62 Prozent melden eine befriedigende Situation und 19 Prozent eine schlechte Lage. Die erwartete Geschäftsentwicklung für die kommenden 12 Monate bewerten 17 Prozent mit gut, 57 Prozent rechnen mit einer gleichbleibenden Lage und 26 Prozent befürchten eine Verschlechterung.
Die Ankündigung der US-amerikanischen Strafzölle und die unsichere Weltwirtschaft haben starken Einfluss auf die exportorientierte Industrie als Motor der regionalen Wirtschaft. Die Exporterwartungen brechen ein: Nur noch 4 Prozent der befragten Industriebetriebe rechnen mit höheren Exporten, 56 Prozent erwarten ein gleichbleibendes Niveau und 40 Prozent befürchten einen Rückgang.
Im Vergleich aller Branchen erreichen die Einzel- und Großhandelsunternehmen mit einem Geschäftsklimaindex von nur 83 Punkten erneut den niedrigsten Wert. Von einer aktuell guten Geschäftslage berichten nur 17 Prozent der Betriebe, 64 Prozent melden eine befriedigende Situation und 19 Prozent eine schlechte Lage.
Der Blick in die Zukunft ist ebenfalls getrübt: Nur 8 Prozent der Handelsunternehmen rechnen mit einer besseren Entwicklung in den kommenden 12 Monaten, 54 Prozent kalkulieren mit gleichbleibenden Ergebnissen und 38 Prozent befürchten eine Verschlechterung der Lage.
Eine leicht positive Tendenz zeigen die Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor: Mit einem Klimaindex von aktuell 104 Punkten liegen sie als einzige Branche über der Wachstumsschwelle von 100 Punkten. 34 Prozent der Betriebe verzeichnen aktuell eine gute Geschäftslage, 52 Prozent melden eine befriedigende Situation und 14 Prozent eine schlechte Lage. Für die kommenden zwölf Monate erwarten 21 Prozent eine bessere Geschäftsentwicklung, 49 Prozent gehen von keiner Veränderung aus und 30 Prozent kalkulieren mit einem Rückgang.
Im rheinhessischen Gastgewerbe bleibt die Frühjahrsbelebung aus: 24 Prozent der Betriebe geben ihrer aktuellen Lage gute Noten, 38 Prozent berichten von einer befriedigenden Situation und ebenfalls 38 Prozent melden eine schlechte Geschäftslage zurück. Die Geschäftsentwicklung für die kommenden zwölf Monate schätzen 23 Prozent besser ein, 54 Prozent gehen vom gleichen Niveau aus und 23 Prozent befürchten eine schlechtere Entwicklung.